Presseberichte


Das High-Light-Monster

Artikel aus der Zeitschrift MOTALIA :

wobei high-light für hoch und leicht steht
Vor ungefähr acht Jahren verkaufte Dieter Schmeink, damals noch Ducati-Händler, eine Ducati Monster. Am Morgen fuhr der Kunde glücklich mit seinem nagelneuen Motorrad los, und am Abend stand die Maschine schon wieder in der Werkstatt - Totalschaden nach einem Unfall.

Das Motorrad wurde zerlegt und in Teilen verkauft, nur den Motor, den behielt der Dieter Schmeink - damit könnte man irgendwann ja mal ... So stand dem fast noch jungfräulichen Desmo-Twin erst mal ein langer Dornröschenschlaf bevor, bis seine Zeit gekommen war.

Dieter bekam Probleme mit der Hüfte, und es fiel ihm immer schwerer, Motorräder mit breiten Tanks zu fahren. So entstand die Idee, sich eine eigene Ducati mit schmalem Tank und hoher Sitzposition zu bauen, und damit war die Stunde des jahrelang gehorteten Motors gekommen.

Wie das bei solchen Projekten fast immer so ist, entsteht die Maschine aus einem Mix von Originalteilen, neu und gebraucht, Zubehörteilen und Eigenanfertigungen. Und weil meist nicht zusammen passen will, was zusammen passen soll, sind viele Änderungen und Überarbeitungen nötig, bis das Motorrad endlich fertig ist. Und selbstverständlich haben die Kundenaufträge Vorrang.

Und so hatte der Ducati- und Gilera-Spezialist in der Zeit zwei Hüftoperationen, so dass die ursprüngliche Notwendigkeit für den Bau dieser Maschine nicht mehr gegeben war, was aber selbstverständlich kein Grund war, das Projekt abzubrechen. Ganz im Gegenteil, das Ziel war gesetzt und der Plan wurde erfüllt.

Der Motor fand sein neues Zuhause in dem Rahmen einer 748, für den die Schwinge einer MH900e angepasst wurde. Da war einiges zu tun, alleine schon wegen der anderen Federung. Auch die Gabel wurde von einer anderen Ducati übernommen und modifiziert.

Die Halterung für den Superbiketank und der Heckrahmen sind Einzelanfertigungen, um die gewünschte Sitzhaltung zu erzielen. Dazu ein recht breiter, halbhoher Lenker, und ansonsten so wenig wie möglich, um ein schmales und leichtes Motorrad zu realisieren.

Für einen großen Luftfilterkasten blieb aus optischen Gründen kein Platz, und es sollte auch nur ein einzelner Schalldämpfer verwendet werden. Würde man das ordentlich abgestimmt bekommen?

Aber Dieter kennt da glücklicherweise einen Spezi mit eigenem Prüfstand, für den so etwas genau die richtige Herausforderung ist, und das Ergebnis kann sich sehen lassen: 90 PS leistet der Einspritzmotor, und das Motorrad setzt dem lediglich 169 Kilogramm entgegen. Damit fährt sich die Maschine fast wie eine Supermoto aus der Einzylinder-Fraktion, hat aber ordentlich Desmo-Power zu bieten. Dementsprechend zufrieden ist Dieter mit seinem Eigenbau.



Oldtimer Treffen mit Gileras und Volvos.


Ducati-Papst aus dem Bergischen Land

Dezember 2019

Motorräder begleiten Dieter Schmeink fast sein ganzes Leben – privat wie beruflich. Beinahe hätte er seine Passion aufgeben müssen.

Marc aus Antwerpen hat’s eilig, er will auf Tour ins Bergische Land. Jetzt streikt sein Bike, eine in die Jahre gekommene Ducati 916. Sie nimmt sehr schlecht Gas an und knallt, als würden gerade Kanonenkugeln abgefeuert.

Ducati-Schrauber mit schwarzem Gürtel

Ein Fall für Dieter Schmeink aus Odenthal nahe Köln. Hier betreibt er seine freie Werkstatt "D.S. Moto", in der er Service, Reparaturen und Umbauten von Motorrädern anbietet. Mit Erfolg, unter Kennern wird Schmeink ehrfurchtsvoll "Ducati-Papst" und "Ducati-Schrauber mit schwarzem Gürtel" genannt.

Ohne die üblichen elektronischen Hilfen weiß er, wo der Fehler steckt. "Zu wenig Sprit", erklärt Schmeink. Schnell ist der eingerissene Gummischlauch im demontierten Tank entdeckt, ebenso schnell ist er getauscht. "Ich habe bis 2004 die Vorführmaschinen von Ducati-Deutschland gewartet, die Motorrad-Journalisten für ihre Berichte Probe fuhren", erzählt er. Das sprach sich in der Szene schnell herum, viele Ducati-Fahrer wollen ihre teuren Stücke seither in den Händen des "Meisters" wissen.

Urige Vintage-Werkstatt

Marc ist begeistert und inspiziert die Bikes in der urigen Vintage-Werkstatt, in der Gitarrist und Sänger Schmeink auch schon mal Konzerte gibt: jede Menge Ducatis, Moto Guzzis, eine Gilera Saturno, eine Laverda. Über der italienischen Kaffeemaschine hängt ein alter Guzzi-Rahmen mit Rädern, in einer Ecke liegen zwei antike Halbschalenhelme und passende Fahrerbrillen. Überall stapeln sich Ersatzteile, jeder Platz wird genutzt, denn oft ist die Werkstatt zum Bersten mit Motorrädern gefüllt.

Bereits vor der Ausbildung zum KFZ-Mechaniker im väterlichen Betrieb entwickelte Klein-Dieter sein Moped-Faible. "Mein Opa hat Motorräder gebaut und mein Vater hat nach dem Krieg alles repariert, Mopeds und Kleinmotorräder, NSU und DKW", erinnert er sich. "Ich war noch klein, als er mir einfach eine Quickly unter den Hintern geschoben hat", erzählt er. Um den Steppke war’s geschehen, mit ersparten zehn Mark kaufte er eine NSU Max, die er "durch die Büsche trieb".

Vertragshändler für Moto Guzzi und KTM

Schmeinks weitere Zweiräder dürften vielen Bikern bekannt sein. Mit 16 eine Kreidler RS 50 mit 6,25 PS, den Motorrad-Führerschein machte er auf einer zusammengeflickten BMW R26. Die mochte er nicht – und bis heute kann er sich nicht mit den Bayern anfreunden. "Mein erstes neues Motorrad war die Yamaha RD 250", sagt Schmeink, "der erste Viertakter die CB 500 Four von Honda." Die kostete ihn den oberen Teil seines rechten Zeigefingers, der beim Schmieren der Kette auf dem Ritzel blieb.

Seinen Schrauber- und Diagnose-Fähigkeiten tat dies keinen Abbruch, nach vier Jahren als angestellter Zweiradmechaniker gründete er 1981 in Herkenrath seine erste Werkstatt "Dieter Schmeink Motorradhandel" als Vertragshändler von Moto Guzzi und KTM. In jene Jahre fallen auch seine Erfahrungen als Rennmechaniker für die Langstrecken-WM der 750-ccm-Maschinen.

Schmeink selbst ist viele Renntrainings gefahren, etwa am Nürburgring, aber auch in Spa und Assen, auf der TT-Strecke der Isle of Man oder auf Ferraris Hausstrecke in Mugello.

Arzt für edle Italierinnen

Mitte der 90er folgte der Werkstatt-Umzug in das von ihm gebaute Haus im bergischen Herweg, bereits 1990 war er Ducati-Vertragshändler geworden, die übrigen Vertretungen gab er auf. Als 2004 seine Ehe in die Brüche ging, war das Haus futsch, Schmeink zog mit der Firma, die er fortan "D.S. Moto" nannte, in die alte Werkstatt seines Vaters. Hier verarztet er seither edle Italienerinnen mit viel Fachkenntnis und großer Erfahrung. Auch andere Marken sind willkommen, mitunter schraubt er sogar an einem der wenig geliebten BMW-Exemplare.

Gesundheitlich hingegen ging es bergab, eine als Kind nicht erkannte Fehlstellung der Hüfte schmerzte teuflisch, an ein Sitzen auf Motorrädern war kaum noch zu denken, jede Fahrt wurde zur Tortur. 2007 erhielt Schmeink ein künstliches Hüftgelenk rechts, 2011 folgte die Operation links. "Ich dachte, nie wieder Motorrad fahren zu können", sagt er. "Ich habe es meiner Freundin Beate, sie ist heute meine Frau, zu verdanken, dass ich wieder fahre. Sie hat mich dazu getrieben, wieder in den Sattel zu steigen, nachdem sie das Motorradfahren entdeckt hatte."

Hüftschonender Eigenbau "D.S. Moto"

Schon 2008 nach der ersten OP hatte Schmeink entschieden, seine Ducati-Vertretung aufzugeben. "Der Abnahmedruck war einfach zu groß, ich hatte hier keinen Platz für einen Showroom", erklärt er seinen Rückzug, "seitdem kann ich unabhängig agieren, das ist viel besser."

Man sieht Schmeink die Zufriedenheit an, selbst seine schwere Aorta-Prothese-OP Ende 2015 nimmt er inzwischen gelassen: "Es war eine schwierige Entscheidung, aber mir war klar, dass ich wieder Motorrad fahren werde!" Wie jetzt zu dem neuen Haus, das er gemeinsam mit seiner Frau gebaut hat. Schmeink setzt sich auf seinen hüftschonenden Eigenbau "D.S. Moto", lässt den 90 PS starken Ducati-Monster-Motor mit 90 Newtonmetern zwischen 2500 und 9000 Umdrehungen an – und braust davon.

Erschienen erstmals in: "Bike Now" Oktober 2016 Motorradbeilage des Süddeutschen Zeitungsverlags

Quelle Text und Bilder: Jürgen Ulbrich Handwerksblatt


Single Freuden. Die Gilera Saturno.
 

Erschienen in: "Oldtimer Praxis" März 2020

Text und Bilder: Matthias Bischoff